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Besuch des deutschen Botschafters

Auf Deutsch haben sich die SchülerInnen und die StudentInnen mit dem deutschen Botschafter unterhalten. Hier können Sie einen (fast) vollständigen Bericht lesen, der von den SchülerInnen der Seconde Abibac verfasst wurde, als Ergänzung der kurzen Präsentation auf Französisch.

Am 27. Januar 2023 hat uns der deutsche Botschafter in Paris, Hans-Dieter Lucas, am Lycée Montaigne besucht. Es war natürlich eine Ehre, denn wir wissen ja, dass er mit seiner Arbeit nicht soviel Zeit hat, und wir waren ihm also sehr dankbar, dass er mit uns anderthalb Stunden verbracht und auf eine Dutzend Fragen geantwortet hat.

Im amphithéâtre waren wir ganz viele. Wir, das sind alle SchülerInnen der Abibac-Klassen (Seconde, Première, Terminale) sowie zahlreiche StudentInnen der classes préparatoires mit unseren LehrerInnen. Der große Saal war voll, und wir waren zwar gut vorbereitet aber auch gespannt, als unser Proviseur, Herr Aubernon, uns den Herrn Botschafter vorgestellt hat.

Zuerst hat Hans-Dieter Lucas einen einleitenden Vortrag gemacht, wo er zuerst den Élysée-Vertrag und die Krisen, die entweder schon überwunden worden oder noch zu überwinden sind, erwähnt hat: die Pandemie haben wir zwar schon hinter uns gebracht, aber es gibt noch den schlimmen Krieg in der Ukraine und den Klimawandel. Wir wissen ja, dass wir nichts alleine schaffen können: in diesem Sinne ist die deutsch-französische Freundschaft ganz wichtig, sowie unsere Beziehungen zu den anderen Ländern Europas. Da geht es aber nicht nur um die Regierungen, sondern auch um die Menschen, insbesondere die Jugendlichen. Der Botschafter hat dann erklärt, warum es so wichtig ist, die Sprache des Nachbarn zu können.

Letztendlich hat er uns alle daran erinnert, dass er uns an einem besonderen Datum besuche: am 27. Januar 1945 wurde nämlich das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit, und dieses Datum ist für die deutsche Verantwortung ganz wichtig, insofern als die Erinnerung Pflicht heißt, gegen Antisemitismus und jegliche Form der Diskriminierung zu kämpfen.

Nach dieser Einleitung, die reichlich applaudiert wurde, haben mehrere SchülerInnen und StudentInnen sehr unterschiedliche Fragen gestellt: über die Laufbahn des Botschafters und seine besondere Beziehung zu den Fremdsprachen, aber vor allem über die aktuelle geopolitische Situation.

 

Die Karriere von Hans-Dieter Lucas

Der Botschafter hat über seine Karriere und sein Studium gesprochen. Zuerst hat er Jura und Theologie studiert. Danach ist er nach Paris gefahren, um sein Studium in Sciences-Po fortzusetzen. Dort hat er seine Doktorarbeit über De Gaulle geschrieben. Er ist für seine Karriere viel gereist. Zuerst hat er mit Moskau begonnen, wo er am Ende des Kalten Krieges war. Als die Mauer in Berlin gefallen ist, war er mit seiner Frau in Moskau. Er hat sogar die folgende Anekdote über den 9. November 1989 erzählt: An diesem Abend ist seine Frau zu ihm gekommen, als er auf dem Sofa saß und die Zeitung las. Sie sagte: „The wall is down!“ Aber da meinte er, dass es nicht wahr sei, es solle eine falsche Meldung sein.

Dann hat er auch viel von seinem Alltagsleben als Botschafter in Paris gesprochen. Es ist ein antrengender Alltag, wo er nicht immer viel Zeit für seine Familie und Freunde hat. Es gibt viel zu tun, viel Öffentlichkeitsarbeit mit den Medien und alles, um die Länder zusammenzubringen, was nicht gerade einfach ist.

 

Seine Beziehung zu den Fremdsprachen

Der Botschafter hat über die französische Sprache gesprochen: er hat Französisch als 3. Fremdsprache nach Englisch und Latein gelernt. Im Alter von 14 Jahren hat er einen Austausch mit einem französischen Schüler aus Reims gemacht. Sie haben sich aber in Royans getroffen. Das heißt also, dass er mit 14 allein von Aachen nach Royans gereist ist: mit dem Umstieg in Paris und der U-Bahn war dies ein ganzes Abenteuer und auch seine erste Begegnung mit der französischen Kultur.

Heutzutage lernen immer weniger französische Teenagers Deutsch und umgekehrt: auch in Deutschland wird Französisch im Durchschnitt als zweite Fremdsprache gelernt, und Deutsch in Frankreich als dritte, da Deutsch schon von Spanisch überholt wurde. Um jemanden zu überreden, Deutsch zu lernen, würde er folgende Argumente anbringen: Deutsch sei eine zwar nicht sehr einfache, dafür schönen Sprache. Desweiteren erzählte er, man hätte die Möglichkeit, dort zu leben und zu studieren. Außerdem hat man auf den Arbeitsmarkt gute Chancen, da es leider nicht selbstverständlich ist, Deutsch zu sprechen.

 

Die deutsch-französischen Beziehungen

Der Botschafter hat dann unterstrichen, wie wichtig es ist, Deutsch zu sprechen, damit die deutsch-französischen Beziehungen sich entwickeln können: wenn man nämlich die Landessprache kann, ist der Austausch auch auf einer geopolitischen Ebene vollständiger und einfacher. In diesem Hinblick hat der Botschafter die zahlreichen Austauschprojekte zwischen deutschen und französischen PartnerInnen begrüßt. Um die Situation zu verbessern wurden  zwar von Deutschland und Frankreich am 22. Januar 2023 Entscheidungen getroffen, von dene er aber nicht wisse, wie sie in die Praxis umgesetzt werden sollen.

Er wurde über den Général de Gaulle befragt und hat uns alle an die Geschichte der deutsch-französischen Beziehungen erinnert, die mit De Gaulle und Adenauer angefangen hat: wie De Gaulle Adenauer erst 13 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu sich nach Colombey eingeladen hat, und dann eine bedeutende Rolle in der deutsch-französischen Aussöhnung gespielt hat, die zum Élysée-Vertrag geführt hat, der sich am vorigen Sonntag zum 30. Mal gejährt hat. Zu diesem Thema hat er noch gesagt, dass der Élysée-Vertrag immer noch ganz aktuell ist, insofern als er mit der Arbeit der Abgeordneten beider Länder sowie mit dem Aachener Vertrag 2019 aktualisiert und erweitert wurde.

 

Ganz viele Fragen der StudentInnen und der SchülerInnen der Terminale Abibac bezogen sich auf die Probleme in den deutsch-französischen Beziehungen.

Zuerst ging es um die europäische Verteidigung. Seit dem Ende des Kalten Krieges war die Bundeswehr an Waffen und Rüstungen arm. Darum hat die deutsche Regierung den USA und Frankreich Flugzeuge gekauft. Doch Frankreich wunderte sich, wieso Deutschland den USA 31 F35 und Frankreich nur 14 Rafale gekauft hat. Da hat der deutsche Botschafter erklärt, dass die F35 der USA eine nukleare Abschreckungswaffe der NATO symbolisieren, und darum sei das französische Flugzeug weniger günstig. Das solle aber die Europe de la Défense nicht verhindern.

Dann ging es um die Energiepolitik.

Aber das, was Frankreich wirklich nicht gefallen hat, waren die 200 Milliarden Euro Energiepakete, ohne dass Frankreich Bescheid gegeben wurde. Da erklärte der Botschafter, dass die deutsche Regierung diese Maßnahme in Eile ergriffen und öffentlich gemacht hat: diese großen Energiepakete wurden gebraucht, denn die Bevölkerung Deutschlands ist fast doppelt so groß wie die Frankreichs. Ansonsten haben alle Länder (Frankreich, Italien) dasselbe gemacht.

Schließlich wurden auch Fragen gestellt, die die Beziehungen Deutschlands zu Ländern betreffen, die keine Demokratien sind. Vom deutschen Botschafter wurden sie als Autokratien bzw. als Diktaturen beschrieben. Die erste Frage betraf China: für den deutschen Botschafter scheint es ganz wichtig zu zeigen, dass die Beziehung Deutschlands zu China vielfältig ist. Auf der einen Seite ist China ein umumgänglicher wirtschaftlicher Partner Deutschlands, auf der anderen Seite ist China auch ein Rival, der seine eigenen Sichtweisen (Menschenrechte, Umwelt) als Autokratie bzw. Diktatur hat. In dieser Hinsicht versucht Deutschland, seine wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu reduzieren, denn in der ukrainischen Krise hat sich die energetische Abhängigkeit Deutschlands von Russland sehr gefährlich erwiesen. Die zweite Frage betraf die Fußball-WM im Katar. Nachdem der Botschafter der französischen Mannschaft für ihre Erfolge gratuliert hat, hat er die von den deutschen Spielern getragene Armbinde sowie das stark kritisierte Verhalten der FIFA erwähnt.

Andere Fragen wurden auch über so unterschiedlichen Themen gestellt wie: die Stimmung in der UdSSR in den 1990er Jahren, die russische Sprache, die anderen Facetten von dem Général de Gaulle, die Demonstrationen in Lützerath, die deutsche Verantwortung und die Erinnerung an den Holocaust.

 

Am Ende dieses Berichtes möchten wir uns bei dem Botschafter herzlich bedanken, dass er auf unsere Fragen  so ausführlich geantwortet hat: wir fanden ihn sehr nett und seine Sprache ganz verständlich. Wir werden uns noch lange an seinen Besuch erinnern!

Die SchülerInnen der Seconde Abibac: Abel, Adèle, Alice, Anne und Laura aus Deutschland, Christian, Daphné, Mathilde,  Naël,  Paul, Simon, Thalia, Timothée (Audrey hat leider gefehlt…) mit der Hilfe von Frau Briand.